Musical und Sicherheid – Die Theatergruppe der Jüdischen Kultusgemeinde Heidelberg, die den Präventionspreis erhielt, zeigt das Musical „Anatevka“ in Emmertsgrund

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Plakatfoto: Stefanie Ferdinand

Heidelberg, Deutschland (Jüdische Welt). Am Donnerstag, den 3. März läuft die letzte Vorstellung von „Anatevka“ der preisgekrönten Theatertruppe der Jüdischen Kultusgemeinde. Endlich eine Vorführung, zu der man noch Karten kaufen kann! Waren doch die Aufführungen in der Jüdischen Kultusgemeinde (JG) alle drei ausverkauft. Drei Auftritte an zwei Tagen! Für Baden-Württemberg und den Neckarraum heißt es also: Nix wie hin.

„Anatevka“ ist ein Stück, das inzwischen fast jeder kennt und vielerorts gegeben wurde: Im Stadttheater Lüneburg, im ältesten polnischen Opernhaus in Breslau, vor einem Jahr in Dortmund – die Liste ist ellenlang. In den Worten von Dr. Manfred Lautenschläger (Gründer und stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates der MLP AG): „Das Stück an sich ist schon etwas Besonderes.“ Die Uraufführung fand am 22. September 1964 in New York statt. „Anatevka – Fiddler on the roof“ gehörte zu den am längsten gespielten Shows am Broadway. „Vielleicht weil es einen so universellen Charakter hat. ‚The Fiddler on the Roof‘ wurde praktisch in allen Ländern der Welt aufgeführt, und überall erkannten die Zuschauer Parallelen zu ihren Ländern. Die Handlung ist heute noch so aktuell wie damals.“

Dr. h.c. Manfred Lautenschläger, Vorstandsmitglied des Vereins Sicheres Heidelberg sagte dies als Laudator bei der Vergabe des Heidelberger Präventionspreises mit der Website, die man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bisher immer falsch geschrieben hat (siehe Überschrift). Es gab Anerkennungspreise sowie einen 3., 2. und 1. Platz – den eben die Theatergruppe verliehen bekam. Der Präventionspreis 2015 zeichnete Projekte aus, die im Team und mit Partnern an einer präventiven Zielsetzung arbeiten.

Denn der vergangenes Jahr das 7. Mal vergebene und mit 1000 Euro dotierte Preis hatte das Thema „Teamarbeit Prävention“. Sechs Initiativen hatten sich um die Trophäe und das Preisgeld beworben, darunter der Stadtjugendring unter dem Titel „Kein Missbrauch“ und die Julius-Springer-Schule mit ihrem interessanten Projekt „Gewaltprävention und Zivilcourage als Lebenskompetenz“.

„Bronze“ ging an „Sport für Vielfalt“ des Sportkreises. Lautenschläger hatte in seiner Laudatio die Herrenfußball-Nationalmannschaft als Vorbild erwähnt, die als Weltmeister amtiert, obwohl andere Mannschaften gute Einzelspieler wie Messi hatten. Für alle sichtbar gibt es hier ein Zusammenspiel über oberflächliche Grenzen wie Hautfarbe hinweg und am Ende lernte die Welt die Welt sogar ein wenig deutsch: „La Mannschaft“ wurde zum Markenzeichen.

Den 2. Platz belegten die GLORIA-Filmtheaterbetriebe Heidelberg mit den „Kino-Specials“. Erstmals wurde damit ein Unternehmen der Privatwirtschaft ausgezeichnet, das sich seiner gesellschaftlichen Verantwortung für sozialpolitisch aktuelle Themen bewusst ist. Polizeipräsident Thomas Köber hielt die Lobrede. Seit der Jahrtausendwende beteiligen sich etwa 700 Schüler jährlich an diesen Veranstaltungen, bei denen sie bei ermäßigten Eintritt aktuelle Filme schauen und mit einem erfahrenen Medienpädagogen in die Diskussion gehen.

Auf die Spitze des „Treppchens“ gelangte die Theatergruppe, die aus Schülern mehrerer Heidelberger Gymnasien, Studenten der Hochschule für Jüdische Studien und Berufstätigen aus verschiedenen Ländern besteht. Christen, Moslems, Atheisten, Jugendliche und Erwachsene bilden eine interkulturelle Einheit, die Spaß hat und ein Ziel: die nächste Aufführung.

Unter der künstlerischen Leitung von Stefanie Ferdinand und Jennifer Münch leben der Fiedler auf dem Dach und Tewje der Milchmann auf, um ihre Botschaft zu verkünden. Alle haben ihrem Bekunden nach Spaß, das junge Gemeindemitglied wie der Atheist aus Ecuador und die Muslima mit der christlichen Mutter.

In der Jüdischen Gemeinde war es immer voll, allerdings muss man dazusagen, dass es dort auch nur 170 Sitzplätze gibt. Umso schöner die einmalige Gelegenheit im Bürgerhaus am Donnerstag, 3. März: Der Saal hat 350 Plätze! Viele Karten sind schon verkauft worden, aber am Vorabend des Theaterhighlights erhielt ich die Auskunft, dass man noch gute Chancen hat, Tickets zu ergattern. Die Buchhandlung Wortreich in der Blumenstraße 25 zeichnet für den Vorverkauf verantwortlich.

Schön auch, dass so ein Stück an einem weniger touristischen Ort aufgeführt wird. Emmertsgrund ist weder die Altstadt noch ein Vorzeigestadtteil, doch Kultur ist überall vonnöten! Wozu Eulen nach Athen tragen, wo dort Euros gerade dringender gebraucht werden. Theater und Musical kann es auf dieser Weltenbühne doch kaum genug geben. Man sollte „Anatevka“ auch dort geben, wo nicht auf jedem Dach ein Geiger sitzt. Später kann man immer noch ein paar Musikinstrumente hinterherschicken.

Vielleicht gibt es auch an der Abendkasse in Emmertsgrund noch Eintrittskarten.

Anatevka
Künstlerische Leitung: Stefanie Ferdinand, künstlerische Assistenz: Jennifer Münch, organisatorische Assistenz: Myriam Buddensiek
Chorleitung: Darya Lenz
Orchesterleitung: Petra Schostak
Bühnenbild: Jennifer Münch, Stefanie Ferdinand u.a.

„Anatevka“ im Bürgerhaus Heidelberg in Emmertsgrund, Forum 1, 69126 Heidelberg, 3. März 2016, 19 Uhr, Eintritt: 8 Euro, ermäßigt 6 Euro

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