Frankfut am Main, Deutschland (Jüdische Welt). Der US-amerikanische Sozial- und Moralphilosoph Dr. Michael Walzer, der am 3. März 1935 als Sohn jüdischer Emigranten aus Osteuropa in New York, USA, geboren wurde, hielt als emeritierte Professor am Institute for Advanced Studies an der Princeton University im US-Bundesstaat New Jersey am Donnerstagabend, den 11. Juni 2015, im Festsaal des Casinos, Campus Westend, im Rahmen der Martin-Buber-Vorlesung zur jüdischen Geistesgeschichte und Philosophie einen Vortrag. Veranstaltet wurde der öffentliche Vortrag zum Thema „States and Communities“ von der Martin-Buber-Professur für Jüdische Religionsphilosophie in Kooperation mit dem Graduiertenkolleg „Theologie als Wissenschaft“ und dem Forschungszentrum Historische Geisteswissenschaften.
Mit Michael Walzer konnte dieses Jahr einer der wichtigsten zeitgenössischen politischen Theoretiker gewonnen werden, der sich immer wieder auch zu jüdischen Themen geäußert hat, vor allem als Herausgeber einer mehrbändigen Anthologie zum Thema „The Jewish Political Tradition“ (2000/2003). In seinem Vortrag in englischer Sprache befasste er sich mit Fragen der politischen Theorie (Liberalismus, Demokratie, Gerechtigkeit, Zivilgesellschaft).
Ausgangspunkt des Vortrags sind sozialphilosophische Überlegungen, die Martin Buber 1950 in seinem Werk „Pfade in Utopia. Über Gemeinschaft und deren Verwirklichung“ angestellt hat. Sie stehen in Zusammenhang mit Bubers Hoffnung, die genossenschaftlichen Siedlungen der Juden in Palästina, später im Staat Israel, könnten zum Beginn eines freiheitlichen Sozialismus werden, wie ihn Gustav Landauers in seinen sozialutopischen Ideen entworfen hatte. Das „dialogische Prinzip“ sollte neben dem privaten Leben auch die Gesellschaft gestalten und solidarische, dezentrale, basisdemokratische Gemeinschaften schaffen, in denen sich die Einzelnen nicht nur benutzen, sondern als Menschen anerkennen. Entschieden wandte sich Buber deshalb gegen staatliche Bevormundung und Ausbeutung.
Im Anschluss an Bubers Denken „diskutiert“ Walzers Vortrag zentrale Fragen seiner eigenen politischen Philosophie, wie er sie unter anderem in seinem Buch „Sphären der Gerechtigkeit“ (1983) dargelegt hat: insbesondere eine kommunitaristisch motivierte Kritik an den Konzepten des liberalen Staates, die vielfach zu einer Entsolidarisierung der Gesellschaft führen und denen es den Wert der Gemeinschaft entgegenzusetzen gilt. In diesem Zusammenhang wurden zentrale gesellschaftspolitische Fragen angesprochen, einschließlich jener nach dem Zusammenleben kulturell unterschiedlicher Gemeinschaften in einer pluralistischen Gesellschaft.
Nachzulesen sind beispielsweise folgende Werke in deutscher Sprache des Intellektuellen Walzer: Gibt es einen gerechten Krieg?, Stuttgart 1982; Kritik und Gemeinsinn. Drei Wege der Gesellschaftskritik, Berlin 1990; Exodus und Revolution, Frankfurt 1995; Erklärte Kriege – Kriegserklärungen, Essays. 2003.
Walzer schreibt regelmäßig für Zeitschriften wie „The New Republic, Dissent“ oder „The New Yorker“. Soeben erschien sein neues Buch „The Paradox of Liberation: Secular Revolutions and Religious Counterrevolutions.”