Cairo, Ägypten; Tel Aviv, Israel (Jüdische Welt). Nur raus aus Cairo! Die Luft und die Hitze sind unerträglich! Es staubt wie im Zementwerk. Schon um 7 Uhr bin ich am Bahnhofsplatz, um ein Sammeltaxi in Richtung Israel zu ergattern (erst seit ein paar Monaten, nach dem Friedensabkommen zwischen Israel und Ägypten, ist die Grenze bei El Arish passierbar). Ein richtig organisierter Transport existiert bisher noch nicht. Während ich mich noch so umsehe, werde ich von einer kleinen Gruppe angesprochen, ob ich ein Taxi bis zum Suezkanal teilen will. Natürlich will ich! Besser hätte es ja gar nicht laufen können. Meine neuen Reisegefährten stammen aus Australien, Amerika und ein Israeli ist auch dabei.
Als das Gewimmel von Cairo endlich hinter uns liegt, geht es, vorbei an hohen Sanddünen, nach Ismailia und, nun am Kanal entlang, bis El Qantara. Jetzt müssen wir erst mal wieder sehen, wie wir weiterkommen. Eine wackelige Pendelfähre setzt nach und nach alle, die hier warten, zumeist Araber, über die Wasserstraße, die hier vor hundert Jahren in den Sand gegraben wurde, um den Seeweg nach Asien zu abzukürzen.
Auf der anderen Seite, der Sinaihalbinsel, liegt der östliche Teil von El Qantara. Viele Häuser tragen noch deutliche Spuren der Kriege, die hier gewütet haben – zuletzt 1973, als die israelische Armee im ‚Yom Kippur Krieg’ schon Kurs auf Cairo nahm, bevor sie von den USA ‚zurückgepfiffen’ wurde. An den Wänden Einschussnarben von Kugeln und Splittern, dazu verwitterte Parolen in Arabisch. Sonst gibt es hier nicht viel.
Nun beginnt die Suche nach einem weiteren Sammeltaxi, das uns nach El Arish bringt, gut 200 km entfernt.
Viele der Mercedes Taxis, die alle mit drei Sitzreihen bestückt sind, wirken ziemlich neu. Wir haben Pech. ‚Unser’ Auto ist eine alte Klapperkiste mit Reifen, die rundum abgefahren sind, ohne jegliches Profil, wie Slicks im Rennsport. Stellenweise fehlt sogar die Gummischicht und der Gewebemantel schaut durch. Die ausgeleierten Stoßdämpfer verursachen wellenartige schlingernde Schwünge, die vom Fahrer durch Ruderbewegungen mit der Lenkung gekonnt ausgeglichen werden. Weil er den Kofferraum mit eigenen Sachen vollgestopft hat, werden die Rucksäcke, die nicht mehr nach innen passen, mit einer dünnen Schnur aufs Dach gebunden. All das hindert den Fahrer jedoch nicht, Vollgas zu geben und mit einem Höllentempo die schmale, einspurige Straße entlangzurasen. Wenn ein Fahrzeug entgegenkommt, muss einer aufs steinige Bankett ausweichen. Besonders spannend wird es, wenn auch noch ein Teil der Straße vom Sand verweht ist. Auf der Spur bleibt stets der mit den besseren Nerven oder eben der Stärkere. Da meist Lastwagen unterwegs sind, sind wir die Schwächeren. Doch die Höllenfahrt geht weiter.
Auf der eintönigen Strecke gibt es wenig zu sehen, was einen von der Fahrt ablenken könnte. Zuerst noch Dattelpalmen, dann nur noch Sand und Steine, ab und zu eine kleine Oase mit Baracken und Beduinenzelten. Hin und wieder sieht man zerstörtes Kriegsmaterial, Fahrzeuge oder Panzer, die hier vor sich hin rosten. Dann sind wir in El Arish.
Am Grenzübergang ist die Hölle los. Es herrscht ein Riesengedränge an dem kleinen, noch etwas improvisierten und völlig überlasteten Grenzschalter, um den notwendigen Stempel in den Pass zu bekommen. Dutzende arabische Familien, die einst aus Israel geflohen waren, wollen jetzt, nach dem Friedensabkommen, wieder zurück. Mit Sack und Pack wird geschoben und gedrückt. Anstehen ginge so viel leichter, aber in diesem Teil der Welt gibt es vermutlich nicht einmal ein Wort dafür! Nach gut drei Stunden ist es dann soweit, ich bin in Israel. Die Kontrollen hier sind übergründlich, aber hervorragend organisiert und daher zügig. Linienbusse warten in der Nähe und dann geht es ganz schnell. Erst nach Ashkelon, dann umsteigen in den Bus nach Tel Aviv und noch einer bis nach Hadera.
Es ist kurz vor Mitternacht und ich freue mich riesig auf eine erfrischende Dusche und ein kühles Bier im Haus von alten Freunden.